Die kognitive Verhaltenstherapie ist eine Form der Verhaltenstherapie, die sich seit den 1960er Jahren aus einer Gegenbewegung zur behavioristischen Psychologie, dem Kognitivismus, entwickelte. Als Begründer kognitiver Therapien gelten Aaron T. Beck und Albert Ellis. Kognitionen umfassen Prozesse des Wahrnehmens, Erkennens, Begreifens, Urteilens und Schließens. Im Mittelpunkt der kognitiven Therapieverfahren stehen Kognitionen. Kognitionen umfassen Einstellungen, Gedanken, Bewertungen und Überzeugungen. Die kognitiven Therapieverfahren, zu denen die kognitive Therapie (KT) und die Rational-Emotive Verhaltenstherapie (REVT) gehören, gehen davon aus, dass die Art und Weise, wie wir denken, bestimmt, wie wir uns fühlen und verhalten und wie wir körperlich reagieren.
Schwerpunkte der Therapie sind:
- die Bewusstmachung von Kognitionen
- die Überprüfung von Kognitionen und Schlussfolgerungen auf ihre Angemessenheit
- die Korrektur von irrationalen Einstellungen
- Transfer der korrigierten Einstellungen ins konkrete Verhalten
Die kognitive Therapie stellt somit die aktive Gestaltung des Wahrnehmungsprozesses in den Vordergrund, weil in letzter Instanz nicht die objektive Realität, sondern die subjektive Sicht des Betrachtenden über das Verhalten entscheidet. Ist die Kognition inadäquat (z.B. durch Wahrnehmungsselektion und -bewertung), ist auch die Möglichkeit beeinträchtigt, Affekt und Verhalten zu korrigieren.
Vor allem spontanes und emotional getriebenes Verhalten sind sehr von der Art beeinflusst, wie ein Mensch sein Modell der Umwelt gedanklich strukturiert hat.
Kognitive Therapie nach Beck
Theoretischer Hintergrund
Beck beschreibt das kognitive Modell am Beispiel der Depression und geht dabei von der kognitiven Triade aus:
kognitive Triade:
- Die Gedankeninhalte betreffen das Selbst, die Welt und die Zukunft.
- Der Patient hat ein negatives Selbstbild, er beurteilt sich selbst als fehlerhaft, unzulänglich, wertlos und nicht begehrenswert. Diese Gedanken gehen so weit, dass der Betroffene denkt, ihm fehlen Eigenschaften, um glücklich zu sein. Außerdem neigt er dazu, sich zu unterschätzen und zu kritisieren.
- Erfahrungen werden in der Regel negativ interpretiert, subjektiv werden überwiegend Enttäuschungen und Niederlagen empfunden und auch die Zukunftserwartung ist negativ geprägt.
Eine Veränderung der gegenwärtig empfundenen Situation wird ebenso wenig als möglich angenommen, wie eine eigene Beteiligung an dieser.
Die „Denkfehler“
- Schemata: Die genannten Kognitionen gehen auf Schemata zurück, die aus vergangenen Erfahrungen entstanden sind. Schemata sind hier stabile kognitive Verarbeitungsmuster, die sich in der Kindheit und Jugend herausgebildet haben. Sie können für längere Zeit inaktiv sein, aber durch bestimmte Umweltereignisse (z.B. Stresssituationen) reaktiviert werden.
- Kognitive Fehler: Aufgrund der in der Kindheit gelernten Schemata findet laut Beck bei Depressiven eine fehlerhafte Informationsverarbeitung statt. Die Annahmen sind eindimensional, global, invariabel, verabsolutierend oder irreversibel. Zu diesen Kognitionen führen u. a. folgende „Denkfehler“ (vgl. z.B. Wilken, S. 25ff.)
- Willkürliche Schlussfolgerungen: ohne sichtbaren Beweis oder sogar trotz Gegenbeweisen werden willkürlich Schlussfolgerungen gezogen. Übergeneralisierung nach dem Muster: aufgrund eines Vorfalls wird eine allgemeine Regel aufgestellt, die unterschiedslos auf ähnliche und unähnliche Situationen angewendet wird.
- Dichotomes Denken: Denken in Alles oder Nichts-Kategorien.
- Personalisierung: Ereignisse werden ohne klaren Grund auf sich selbst bezogen.
- Selektive Abstraktion: Überwertung einzelner Informationen. Zum Beispiel wenn jemand, der von allen gegrüßt wird, von jemandem nicht beachtet wird und denkt, dass ihn keiner mag.
- Maximieren und Minimieren: Negative Ereignisse werden übertrieben und positive Ereignisse untertrieben.
- Katastrophisieren: Das Eintreffen oder die Bedeutung von negativen Ereignissen wird stark überbewertet. „Meinen Kindern wird bestimmt etwas Schlimmes passieren!“
- Emotionale Beweisführung: Das Gefühl wird als Beweis für die Richtigkeit der Gedanken genommen. „Ich fühle, dass ich nichts wert bin, also ist das auch so!“
- Etikettierung: Aus einer Handlung wird ein umfassender Sachverhalt gemacht, z.B. „Ich habe verloren – ich bin ein absoluter Verlierer!“
- Gedankenlesen: Man meint ohne nachzufragen, die Gedanken der anderen zu kennen. „Die anderen denken, ich bin ein Versager!“
- Tunnelblick (selektive Aufmerksamkeit): Jemand sieht nur einen bestimmten Aspekt seines gegenwärtigen Lebens. „Wenn ich Stress auf der Arbeit habe, dann ist mein Leben verpfuscht!“
Ziel der Therapie ist es, dem Patienten zu vermitteln, dass Denkfehler und irrationale Annahmen zu Gefühlen von Minderwertigkeit und Bedrohung führen. Deshalb ist es wichtig, die negativen Gedanken zu identifizieren und in Frage zu stellen. Dies soll dazu führen, dass alternative, genauere und besser angepasste Gedanken entwickelt werden. Im Gegensatz zu Ellis ist bei Beck auch der Inhalt der Gedanken von Bedeutung.
Methoden
Die kognitive Verhaltenstherapie verbindet Methoden auf kognitiver Ebene und Verhaltensebene. Um eine Veränderung kognitiver Muster und damit verbundener Verhaltensweisen zu erreichen, werden kognitive Verfahren und verhaltensorientierte Verfahren eingesetzt.
Verhaltensorientierte Verfahren Verhaltensorientierte Verfahren sollen dazu dienen, den Klienten zu aktivieren und seine affektiven Störungen wenigstens ansatzweise in den Griff zu bekommen. Die Änderung des Verhaltens führt zu positiven Emotionen, diese wiederum führen zu veränderten Kognitionen. Zu den verhaltensorientierten Techniken gehören:
- graduierte Aufgabenstellung
- Aktivitätsplanung und -durchführung
- Mastery & Pleasure Therapie
Kognitive Verfahren
Kognitionsorientierte Verfahren sollen dazu dienen, eine langfristige kognitive Umstrukturierung zu erreichen: negative Kognitionen sollen durch rationalere ersetzt werden, was zu aktiverem, kompetenterem Verhalten führen soll. Zu den kognitionsorientierten Verfahren gehören:
- Sammeln und Aufzeichnen automatischer Gedanken
- Zweispaltentechnik: Argumentieren gegen automatische Gedanken
- Erkennen von Mustern kognitiver Verzerrungen
- Realitätstesten: Testen der Kognitionen
- Umattribution: Trennung der Verantwortlichkeiten
- Entkatastrophisieren
- Aufbau von Erwartungen
Verhalten und Rolle des Therapeuten
Becks kognitive Therapie beruht auf dem Prinzip des „kollaborativen Empirismus“: Klient und Therapeut sind gleichberechtigte Partner, da der Klient als Experte seiner Denkmuster gilt. Aktive Beteiligung des Klienten ist also dringend erforderlich.